Sicherheitsbedenken: Wizz Air darf mit Orban-Frachter nicht in die USA fliegen

Airbus A330-243F (Foto: Mario Caruana / MAviO News).
Airbus A330-243F (Foto: Mario Caruana / MAviO News).

Sicherheitsbedenken: Wizz Air darf mit Orban-Frachter nicht in die USA fliegen

Airbus A330-243F (Foto: Mario Caruana / MAviO News).
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Der Fluggesellschaft Wizz Air Hungary ist es vorläufig nicht gestattet Fracht- und Postflüge in die Vereinigten Staaten von Amerika durchzuführen. Das Department of Transportation hat den Antrag auf Erteilung des so genannten „Foreign Carrier Permit“ abgelehnt und die Entscheidung mit Sicherheitsbedenken der Zivilluftfahrtbehörde FAA begründet.

Kurz nach dem Beginn der Corona-Pandemie hat die Regierung rund um Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban beschlossen, dass ein „staatliches Frachtflugzeug“ angeschafft werden soll. Man organisierte einen vormals von Qatar Airways betriebenen Airbus A330F und beauftragte ohne Ausschreibung den Billigflieger Wizz Air mit dem Betrieb. Die Maschine trägt nicht die übliche Livery, sondern „Hungary Air Cargo“ ist auf dem Rumpf zu lesen.

Formell handelt es sich bei der von der Orban-Regierung gewählten Konstruktion um eine Mischung aus Aircraft-Management und Charter. Primär kommt die HA-LHU im Regierungsauftrag zum Einsatz, jedoch lässt man auch für andere Kunden Fracht-Charterflüge durchführen. Unabhängig davon hat Wizz Air Anfang dieses Jahres beantragt Lufttransporte von Gütern und Post im Charter zwischen jedem beliebigen Airport der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika durchführen zu dürfen.

Hierfür ist seitens der USA der so genannte „Foreign Carrier Permit“ erforderlich. Bei positiver Bearbeitung des Antrags hätte sich die Genehmigung zwar zunächst auf Cargoflüge beschränkt, jedoch wäre des quasi auch ein Fuß in der Tür für mögliche Passagierflüge gewesen. Daraus wird nun nichts, denn das Department of Transportation hat das Ansinnen abgelehnt und die Entscheidung mit Sicherheitsbedenken, die die U.S.-amerikanische Zivilluftfahrtbehörde FAA hat, begründet.

In der detaillierten Begründung, die am 20. Juli 2022 zugestellt wurde, ist zu lesen, dass die FAA „zum aktuellen Zeitpunkt nicht entscheiden kann, ob die Sicherheitsaufsicht über Wizz Air ausreichend ist, um die Erteilung der wirtschaftlichen Befugnisse an den Antragsteller zu unterstützen“. Diese Erklärung impliziert, dass die U.S.-Amerikaner Zweifel an der Arbeit der ungarischen Zivilluftfahrtbehörde haben.

USA wollen mehr Informationen zu EASA-AOC

Hinsichtlich der Aufsicht ist Wizz Air insofern ein Sonderfall, weil man überhaupt der erste Carrier war, der sich für das damals neue EASA-AOC entschieden hat. Man wechselte von der ungarischen Behörde zur EASA. Die Betriebsgenehmigung ist – wie gesetzlich vorgesehen – auch weiterhin vom ungarischen Amt ausgestellt. Diese Konstellation scheint für die U.S.-amerikanische FAA neu zu sein, denn bislang hatte man offensichtlich noch nicht den Fall, dass AOC und OL von zwei unterschiedlichen „Nationen“ ausgestellt sind. Das Wort „Nationen“ ist deshalb unter Anführungszeichen geschrieben, weil Ungarn selbstredend ein souveräner Staat ist, jedoch die Europäische Union und die ihr unterstellte EASA nicht. Sowohl die EU als auch die EASA haben ihre Grundlage in zahlreichen Verträgen, die unter den Mitgliedsstaaten abgeschlossen wurden, jedoch handelt es sich nicht um ein eigenständiges Land.

In weiterer Folge will die FAA sich entsprechend kundig machen und „weitere Informationen über die Art der Sicherheitsaufsichtsvereinbarung zwischen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA und der ungarischen Zivilluftfahrtbehörde“ einholen. Wizz Air kann erst dann einen neuen Antrag einbringen, wenn die EU-Behörde und das ungarische Luftfahrtamt die geforderten Unterlagen vorgelegt haben.

An ganz anderer Front gibt es Widerstand gegen die Erteilung des Foreign Carrier Permits. Mehrere U.S.-amerikanische Gewerkschaften haben formellen Widerspruch eingelegt. Dabei handelt es sich unter anderem um die Southwest Airlines Pilots Association (SWAPA), Allied Pilots Association (APA), Independent Pilots Association (IPA) sowie um die European Cockpit Association (ECA). Die Arbeitnehmervertreter werfen der ungarischen Fluggesellschaft vor, dass diese wenig schlüssige Angaben in ihrem Antrag gemacht habe. Beispielsweise habe man nicht dargelegt wie Frachtflüge oder aber eventuell später Passagierflüge „wettbewerbsfähig“ durchgeführt werden sollen. Auch verweist man darauf, dass Wizz Air derzeit keine Etops-Zulassung hat.

Umgang mit Gewerkschaften könnte sich als „Bumerang“ erweisen

Auch sind die U.S.-amerikanischen Pilotenverbände der Ansicht, dass der Umstand, dass Indigo Partners an Volaris, Jetsmart, Frontier Airlines und Wizz Air beteiligt ist, zu Interessenskonflikten führen könne und wettbewerbsrechtliche Probleme verursachen könnten. Wesentlich schwerer wiegen dürfte aber der Umgang mit Gewerkschaften: Wizz Air lehnt diese ab und das ist den Arbeitnehmervertretern ein Dorn im Auge.

Seitens der Gewerkschaften wurde die FAA darauf hingewiesen, dass die Zulassung nur dann erteilt werden darf, wenn sich die Wizz-Air-Beschäftigten „frei gewerkschaftlich organisieren dürfen“ und die FAA auf Sicherheitsprobleme „inklusive Übermüdung“ aufmerksam machen kann. Das selbstverständlich „ohne negative Auswirkungen auf ihre Karrieren fürchten zu müssen“.

Wizz-Air-Konzernchef Joszef Varadi hat mit mehreren gewerkschaftsfeindlichen Äußerungen offenbar der Tochtergesellschaft Wizz Air Hungary keine dienliche „Lobbyarbeit“ für das Erlangen der USA-Zulassung geleistet. Beispielsweise sagte er kurz nach der Eröffnung der Basis Dortmund, die rasch wieder geschlossen wurde, dass Gewerkschaften schlecht für das Geschäft wären und so man mit diesen konfrontiert wäre, würde man die Base dicht machen und die Flugzeuge abziehen. Erst kürzlich sorgte er in einer Videoansprache, in der er indirekt forderte, dass auch übermüdet geflogen werden soll, für Empörung unter Piloten und deren Gewerkschaften. Auch forderte der Manager, dass ATC-Streiks verboten werden sollten.

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