Kommentar: Leere Flugzeuge – wie lange hält die Branche das noch durch?

Fast leere Kabine einer DHC Dash 8-400 von Austrian Airlines (Foto: Jan Gruber).
Fast leere Kabine einer DHC Dash 8-400 von Austrian Airlines (Foto: Jan Gruber).

Kommentar: Leere Flugzeuge – wie lange hält die Branche das noch durch?

Fast leere Kabine einer DHC Dash 8-400 von Austrian Airlines (Foto: Jan Gruber).
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Seit der weitgehenden Wiederaufnahme des Flugverkehrs ab etwa Mitte Juni 2020 hat sich in der Reisebranche viel verändert. Leider nicht gerade positiv, denn Passagiere und Beförderungsunternehmen sind weiterhin mit einem Flickenteppich unterschiedlichster Einreise- und Quarantänebestimmungen konfrontiert. Besonders Deutschland überschüttet momentan wieder gefühlt ganz Europa mit Reisewarnungen und definiert einen Staat nach dem anderen als so genanntes „Risikogebiet“.

Für eine kurze Zeit ab Juni bzw. Juli 2020 gab es zumindest innerhalb der Schengen-Region kaum nennenswerte Einreisebestimmungen, denn es war zunächst das Bestreben der Staaten und der Europäischen Union weitgehende Normalität herzustellen. Die Auslastung der Flüge war im Juni noch recht schwach, aber es gab auch positive Ausreißer. Beispielsweise ein von Eurowings am 19. Juni 2020 durchgeführter Flug von Wien nach Stuttgart hatte nur knapp über 30 Passagiere an Bord, jedoch ein paar Tage später war der Rückflug komplett voll.

Malta öffnete sich am 1. Juli 2020 für viele Staaten und verlangte lediglich das Ausfüllen zweier Formulare. So leer wie in diesem Jahr waren die wenigen Sandstrände des Inselstaats wohl schon lange nicht mehr, doch die Auslastung der Flüge entwickelte sich zunächst positiv. Im Juli 2020 war in den Flugzeugen von Wizzair, Lauda/Ryanair/Malta Air noch viel Platz, aber im August 2020 flog man weitgehend voll. In spontanen Gesprächen erklärten viele Passagiere, dass man sich aufgrund des günstigen Preises spontan für einen Urlaub auf Malta und/oder Gozo entschieden habe. Das änderte sich im September und Oktober 2020 schlagartig, denn die klassische Urlaubszeit war vorbei und somit wurden die Maschinen der Ryanair Group und Wizzair Flug für Flug spürbar leerer. Den sprichwörtlichen „Rest“ gab dann offensichtlich die Entscheidung der maltesischen Regierung, dass Österreich auf der „Amber List“ gelandet ist. Ein negativer PCR-Test muss vorgewiesen werden. Die Konsequenz daraus ist, dass Wizzair die Strecke Wien-Luqa über den Winter aussetzt, Air Malta die Frequenzen zurückgefahren hat und die Ryanair Gruppe temporär einstellt.

Ein ähnliches Bild zeigt sich übrigens auch auf den Strecken nach Athen und Thessaloniki, wobei der zuletzt genannte Flughafen aus behördlichen Gründen derzeit gar nicht erreichbar ist. Im Sommer boomte Griechenland regelrecht, aber seit dem Ende der Sommerferien nimmt die Nachfrage deutlich spürbar ab. Die Auslastung war im September und Oktober äußerst stark schwankend, so war zwischen etwa 10 Passagieren und vollbesetzt zu ziemlich alles dabei. Dennoch: Nahezu alle Airlines, die im Österreich-Griechenland-Verkehr tätig sind, haben ihr Angebot stark gekürzt und einige Destinationen in eine vorzeitige „Winterpause“ geschickt.

Gerade Billigflieger wie Ryanair und Wizzair setzen weiterhin ihren „Trumpf“ mit ultrabilligen Tickets ein. In normalen Zeiten konnten damit die Maschinen gefüllt werden und wenn der Passagier noch etwas dazu kauft oder in kostenpflichtige Abzockfallen tappt, konnte man sogar noch Geld damit verdienen. Dieses Konzept geht aber nicht mehr auf. Beispielsweise wurden am Tag des Abflugs auf der Strecke Wien-Modlin noch Tickets für 7,99 Euro angeboten, doch an Bord befanden sich lediglich 22 Reisende. Umgekehrt war auch Warschau-Wien mit Wizzair mit besonders billigen Flugscheinen gesegnet, aber der A321neo flog überwiegend leere Sitze. An Bord befanden sich nämlich nur 33 Fluggäste. Die Konsequenzen daraus: Wizzair setzt Warschau-Chopin temporär aus und die Ryanair Group kürzte Modlin zumindest stark.

Die Italien-Strecken nach Bergamo und Malpensa liefen noch bis tief in den Oktober 2020 hinein ganz gut. Die Hauptkundengruppe waren aber überwiegend Italiener, die das Angebot genutzt haben. Rom und andere Italien-Strecken liefen nach dem Ende der Sommerferien nicht mehr so gut, jedoch wesentlich besser als andere Destinationen. Jedenfalls konnten die Billigflieger auf den Lombardei-Flügen bis zuletzt sehr gute Auslastungen erzielen. Damit ist jetzt auch Schluss, denn die Nachfrage ist beiderseitig eingebrochen. Ob und wie lange die Anbieter diese Strecken noch bedienen werden, wird sich zeigen.

Ein interessantes Bild zeigte sich in den vergangenen beiden Wochen auch auf den Flügen von/nach Borispil und Kiew (Schuljany). Zunächst war bei Wizzair die Auslastung sehr hoch, nur wenige Sitze blieben leer. Das Bild wandelte sich aber nur eine Woche später: Lauda Europe flog mit 80 Passagieren mit A320 von Wien nach Borispil und Wizzair am gleichen Tag mit dem selben Flugzeugtyp mit 62 Reisenden von Kiew-Schuljany nach Wien. Beiderseits ist die Einreise vergleichsweise einfach, doch die Vorausbuchungszahlen sind offenbar sehr schlecht. Beide Carrier setzen ihre Kiew-Verbindungen temporär aus.

Bei Austrian Airlines läuft es kaum besser, doch im Deutschland-Verkehr sind die Auswirkungen der Einstufung als „Risikogebiet“ deutlich sichtbar. Zwar war auf der Strecke Wien-Stuttgart auch im Sommer die Auslastung wesentlich schwächer als bei Eurowings und das obwohl die AUA die Tickets teilweise günstiger als die Konzernschwester angeboten hat. Überwiegend kommt der Maschinentyp DHC Dash 8-400 zum Einsatz, doch selten waren die Turbopropflugzeuge mehr als zu Hälfte gefüllt. Auf einem Flug, durchgeführt mit Airbus A319, befanden sich gar nur 18 Reisende im Mittelstreckenjet. Seit Deutschland zunächst Wien und später ganz Österreich als so genanntes „Risikogebiet“ eingestuft hat, ist die Nachfrage regelrecht in den Keller gesunken. Mit wenigen Ausnahmen stellte Eurowings die Österreich-Deutschland-Strecken temporär ein. Austrian Airlines kürzte zunächst das Angebot stark und bringt auf den verbliebenen Frequenzen vermehrt die Dash 8-400 zum Einsatz. Mit Leipzig und Nürnberg verschwinden zwei Deutschland-Ziele aus dem Flugplan.

Zuletzt häufen sich bei Austrian Airlines kurzfristige Streichungen, wobei man es in zumindest zwei Fällen für nicht notwendig gehalten hat den Passagier darüber zu informieren. Die Folge daraus ist, dass sich die AUA durch das Verkaufen von möglichst vielen Frequenzen, aber kurzfristigem Zusammenstreichen, vermeidbare Kosten verursacht. Die Ansprüche aus der EU-VO 261/2004 sind nämlich nicht außer Kraft, so dass der Carrier bezahlen muss, wenn weniger als 14 Tage vor Abflug gestrichen wird. Maßgeblich ist jener Zeitpunkt, zu dem der Passagier darüber informiert wird. Und genau das funktioniert momentan nicht reibungslos, wie auch eine Mitarbeiterin der Airline einräumte. Aufgrund der vielen Streichungen komme man schlichtweg nicht mehr nach. Klagenfurt wird übrigens wieder eingestellt.

Auf der Strecke Wien-Stuttgart war die Auslastung ab September 2020 durchaus schwankend. Im September 2020 waren die Maschinen noch etwa halbvoll, im Oktober 2020 sank der Ladefaktor deutlich und vermehrt wurden Flüge gestrichen bzw. Frequenzen aus der Produktion herausgenommen. Waren es im Oktober 2020 noch etwa 12 Passagiere auf einem Graz-Stuttgart-Flug, so flogen am vergangenen Freitag auf dieser Route nur zwei Fluggäste. Der Rückflug hatte zehn Reisende an Bord. Eingesetzt wurde eine Dash 8-400. Der Zubringer von Wien nach Graz war mit nur 13 Passagieren ebenfalls schwach ausgelastet.

Einzelfälle sind das leider nicht mehr, denn am 30. Oktober 2020 waren auf Wien-München ebenfalls weniger als 25 Passagiere auf dem Embraer 195. Noch heftiger war es aber innerdeutsch bei Lufthansa: Schlappe 12 Fluggäste im Airbus A320neo nach Berlin-Tegel. Easyjet war zwei Tage später auf dem Erstflug von Berlin-Brandenburg nach Wien mit 49 Reisenden im A320neo ebenfalls sehr schwach besetzt.

Selbstverständlich sind alle genannten Angaben zur Auslastung der jeweiligen Flüge nur subjektive Momentaufnahmen. Jede Verbindung ist anders, doch leider ist ein Trend zu erkennen: Es werden immer weniger Passagiere und die Nachfrage sinkt noch weiter. Die Politik leistet hier auch keine Unterstützung, denn Schnelltests sind noch immer nicht als Ersatz für PCR-Befunde und/oder Quarantäne anerkannt. In Deutschland dürfte es ein eiskalter Winter werden, denn einerseits stigmatisiert die Regierung das Reisen regelrecht und andererseits führen die neuen Einreisebestimmungen unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Bundesrepublik nach und nach so ziemlich ganz Europa als „Risikogebiet“ einstuft, zu einem weiteren Einbruch der Nachfrage. Somit ist die abschließende Frage, die in den Raum gestellt wird, durchaus berechtigt: Wie lange hält die Branche das noch durch bzw. wann müssen die ersten Carrier wieder ihre Flugbetriebe einstellen?

Lesetipp:
Auf der Instagram-Page von Aviation.Direct sind zahlreiche Fotos und Videos, die die momentan schwache Auslastung zeigen, gepostet.

1 Comment

  • Altmetallflieger , 10. November 2020 @ 12:17

    Da wäre jetzt kleines Gerät ideal, wie die De-Havilland Dash 8/200/300 die könnten auch die AUA Piloten ohne Umschulung fliegen.
    Bei NAC hat man da genug herum stehen die auf unbestimmte Zeit Mieten.
    Beiden wäre geholfen der Vermieter muß die Flieger nicht in Schuß halten und bekommt sogar noch Geld,und bei der AUA spart man Personal ,Sprit ,Lande-und Überflugsgebühren.
    Aber soweit denkt man nicht bei der Lufthansa Zentrale, da wird nach wie vor mit Sitzkilometer gerechnet,man fliegt halt lieber mit einer A319 oder E195 mit 12 oder 30 Pax als mit einer Dash 8.
    Anscheinend sind die größeren Maschinen mit dieser Auslastung kostengünstiger zu betreiben als kleineres Gerät?
    Da sind sicher ganz schlaue Köpfe frisch von der Wirtschaftsuniversität die Erbsenzähler,denen man eingebläut hat,das die Sitzkilometer Kosten entscheidend sind,und die halten sich strickt dran,um beim Vorgesetzten nicht in Ungnade zu fallen.
    Einmal das Hirn selber einschalten und einen Vorschlag machen kann ja heute keiner mehr.
    Aber dazu ist der Lufthansa Konzern zu träge und unflexibel,denn da muß vom kleinsten Mann bis zur obersten Stelle der Hierarchie eine Abteilung nach der anderen durchlaufen werden,das kann mitunter einige Monate wenn nicht Jahre dauern.
    Viele Firmen geben ihren Mitarbeitern die Chance Vorschläge für Innovationen einzubringen egal in welchen Bereich, das kann schriftlich oder mündlich in den obersten Etagen eingebracht werden.
    Aber soweit hat man bei so verkrusteten Strukturen wie bei der Lufthansa sicher noch nicht gedacht.
    Wichtiger ist doch das man Digitaler wird,das hat oberste Priorität wurde verkündet,aber was hilft es wenn man pleite ist,da kann man dann die Bits und Bytes ins Clo runterschüten und die ganzen Erbsenzähler dazu.

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  • Altmetallflieger , 10. November 2020 @ 12:17

    Da wäre jetzt kleines Gerät ideal, wie die De-Havilland Dash 8/200/300 die könnten auch die AUA Piloten ohne Umschulung fliegen.
    Bei NAC hat man da genug herum stehen die auf unbestimmte Zeit Mieten.
    Beiden wäre geholfen der Vermieter muß die Flieger nicht in Schuß halten und bekommt sogar noch Geld,und bei der AUA spart man Personal ,Sprit ,Lande-und Überflugsgebühren.
    Aber soweit denkt man nicht bei der Lufthansa Zentrale, da wird nach wie vor mit Sitzkilometer gerechnet,man fliegt halt lieber mit einer A319 oder E195 mit 12 oder 30 Pax als mit einer Dash 8.
    Anscheinend sind die größeren Maschinen mit dieser Auslastung kostengünstiger zu betreiben als kleineres Gerät?
    Da sind sicher ganz schlaue Köpfe frisch von der Wirtschaftsuniversität die Erbsenzähler,denen man eingebläut hat,das die Sitzkilometer Kosten entscheidend sind,und die halten sich strickt dran,um beim Vorgesetzten nicht in Ungnade zu fallen.
    Einmal das Hirn selber einschalten und einen Vorschlag machen kann ja heute keiner mehr.
    Aber dazu ist der Lufthansa Konzern zu träge und unflexibel,denn da muß vom kleinsten Mann bis zur obersten Stelle der Hierarchie eine Abteilung nach der anderen durchlaufen werden,das kann mitunter einige Monate wenn nicht Jahre dauern.
    Viele Firmen geben ihren Mitarbeitern die Chance Vorschläge für Innovationen einzubringen egal in welchen Bereich, das kann schriftlich oder mündlich in den obersten Etagen eingebracht werden.
    Aber soweit hat man bei so verkrusteten Strukturen wie bei der Lufthansa sicher noch nicht gedacht.
    Wichtiger ist doch das man Digitaler wird,das hat oberste Priorität wurde verkündet,aber was hilft es wenn man pleite ist,da kann man dann die Bits und Bytes ins Clo runterschüten und die ganzen Erbsenzähler dazu.

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